Die sog. Katheter-Behandlung nach Prof. Racz



Seit einigen Jahren wird - in der Regel von Orthopäden - bei Patienten mit wirbelsäulenbedingten Schmerzen eine epidurale Injektionsbehandlung über einen Peridural- oder Kaudalkatheter unter der Bezeichnung "Neuroplastie" durchgeführt.

Die Behandlung geht auf ein von G. Racz vor etwa 10 Jahren entwickeltes Verfahren zurück. Dabei wird zunächst der Epiduralraum mit Kontrastmittel dargestellt und anschließend nach Implantation des Katheters 1500 E Hyaluronidase in 0,9 % NaCl, 40-80 mg Triamcinolon in Bupivacain und schließlich 10% NaCl injiziert.

An zwei aufeinander folgenden Tagen werden zweimal täglich je 10 ml Lokalanästhetikum und 10% NaCl nachgegeben.


    
 
Soll

Als Indikation gibt Racz radikuläre Rücken-Bein-Schmerzen an, die trotz ausreichender konservativer Behandlung therapieresistent geblieben sind.

Wertvoll soll das Verfahren insbesondere auch zur Lösung von Verwachsungen nach Bandscheibenoperationen sein.

In Deutschland werden noch weitere Indikationen gesehen wie akuter Bandscheibenvorfall, Bandscheibenvorwölbungen, Bandscheibenverschleiß, Wirbelgleiten, Postnukleotomie-Syndrom.
Da mit spätestens 40 Jahren alle Menschen Bandscheibenschäden aufweisen, soll das Verfahren offensichtlich für alle Menschen geeignet sein.


    
 
Ist

1999 wurde von Haevner u. a. (*) eine randomisierte, kontrollierte, prospektive Studie an 4 Gruppen veröffentlicht, bei der in allen Fällen neben dem Kontrastmittel und Lokalanästhetikum ein Kortikosteroid epidural gegeben wurde, daneben in einer Gruppe nur isotone (0.9%) Kochsalzlösung,in einer weiteren Gruppe nur hypertone (10%) Kochsalzlösung sowie in einer vierten Gruppe Hyluronidase und isotone (0,9%) NaCl-Lösung.

Im Ergebnis unterschieden sich Schmerzstärke (VAS) und SFM-Wert sofort sowie 1, 2, 3, 6 und 12 Monate nach der Behandlung in allen Gruppen nicht.

Der Anteil von Patienten mit zusätzlich notwendiger Behandlung war in den beiden Gruppen mit 10% hypertoner NaCl am kleinsten (55% versus 80%), allerdings statistisch nicht signifikant.

Interessanterweise betrug der zeitliche Abstand bis zur ersten zusätzlich erforderlichen Behandlung in allen Gruppen ca. 75 Tage - dies vermutlich aufgrund des entsprechend gemeinsamen Wirkungszeitraumes des Kortikosteroids.


An der Universität Göttingen wurden im Rahmen einer Pilotuntersuchung 30 kaudale Katheter in der Technik nach Racz implantiert. Als Indikation galt wie bei Racz ausschließlich der radikuläre chronifizierte Schmerz, der mit anderen Methoden wie Physiotherapie, Analgetika und epiduralen Injektionen mit Kortikosteroiden (einmal oder wiederholt) nicht gebessert wurde.

Im vorläufigen Ergebnis über 3 Monate war das Verfahren nicht besser als Einmal-Injektionen mit Korticosteroid (sog. single shot).


(*) Heavner J E, Racz G B, Raj P (1999) Percutaneous epidural neuroplasty: prospective evaluation of 0.9% NaCl versus 10% NaCl with or without hyaluronidase. Ref Anesth Pain Med 224:202-207.


    
 
Fazit

Aufgrund der vorliegenden - bisher unkontrollierten - Studien, der derzeitigen einzigen kontrollierten Untersuchung (s.o.) und der möglichen Komplikationen durch die epidural eingebrachten Medikamente, die zudem für eine epidurale Applikation nicht zugelassen sind, kann diese Behandlungsmethode z. Zt. nicht empfohlen werden.

Zusätzlich fehlt bisher, wie oben aufgeführt, der Nachweis der Überlegenheit gegenüber der einmaligen Korticosteroid-Injektion (sog. single shot) in den Wirbelkanal bzw. der einmaligen Periradikulären Therapie (PRT), bei der durchleuchtungs- oder CT-gesteuert das Korticosteroid geziehlt an die betroffene Nervenwurzel gebracht wird.
      

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    Beispiel für peri-radikuläre ("um die Wurzel") Injektion unter Durchleuchtung (PRT) , Wurzelabgang eingezeichnet.     
      

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